Manche sind noch gar nicht davon überzeugt, andere mitten drin, anderen wiederum geht die Luft/Lust aus. Wir sprechen von der Phase des shut-downs des normalen Lebens, wie wir es bis zum Anfang des 3. Jahrzehnts dieses Jahrhunderts kannten.  Proaktiv agierende Unternehmen bereiten sich bereits seit dem shut-down auf das Hochfahren ihrer Betriebe vor, andere wiederum mussten ihre gar nicht herunterfahren. Manche erfinden sich gerade neu mit der Frage: Soll ich überhaupt zum Status der „alten Welt“ vor dem shut-down zurückkehren? Wieder andere sind noch in der Pause-Phase, und Einige werden sich die Frage nicht mehr stellen können, weil es sie nicht mehr geben wird. Es kann damit auch keine alte Normalität mehr geben, sondern nur mehr eine neue Realität. Willkommen im “Funktionismus von Transformationen”….

Normalität. Was ist denn überhaupt “Normal”? War denn all das, was wir bis Anfang 2020 erlebt haben, normal? Wenn man der Definition im Duden folgt, beschreibt das Wort normal “etwas sei so beschaffen/geartet, wie es sich die allgemeine Meinung als das Übliche, Richtige vorstellt”. Und da haben wir schon die zwei entscheidenden, wichtigen Parameter, die hier eine weitere Herausforderung darstellen: “Die allgemeine Meinung” und “Üblich/Richtig”. Die aktuell als “Corona-Krise” bezeichnete Phase einer weltweiten Ausnahmesituation spaltet wie kaum noch dagewesen die Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und dergleichen. Es gibt also keine “Allen gemeine Meinung” im Sinne einer mehrheitlichen Überzeugung oder Haltung zu einem Thema. Üblich und richtig ist die nächste Hürde, die es zu nehmen gilt, speziell in dieser noch nie so dagewesenen Situation. Diese ist schlichtweg nur neu. Damit erklärt es sich von selbst: Es kann mit der Neuheit “Covid-19” keine Rückkehr zur Normalität geben, denn die große Transformation hat bereits begonnen.

Transformation. Gleichwertig deutlich häufiger verwendet wird das Wort “Change”. Das Wort Change wird vor allem in Unternehmen wieder gleich gesetzt mit dem Wort Veränderung…aber da liegt der große beobachtbare Unterschied. Jeder weiß, der Beides erlebt hat, wie unterschiedlich das ist. Die Begrifflichkeiten Transformation & Change unterscheiden sich zur klassischen Veränderung im Sinne einer Verbesserung daran, dass bei ersterem etwas Bestehendes zerstört wird, und dann in einer neuen Zusammensetzung wiederaufgebaut wird. Klingt destruktiv, ist es auch. Dem Voraus muss eine Notwendigkeit gehen, also eine Not, die es (ab)zuwenden gilt, denn sonst haben Systeme aufgrund ihrer Autopoiesis die Eigenschaft, so lange “Fehlerverzeihend” sich selbst zu organisieren, zu reorganisieren, sich anzupassen und auszugleichen, damit das System nicht versagt. Mehr dazu finden Sie in meinem weiteren Blog “Wir haben eine Systemkrise, keine Coronakrise” bzw. in unserem Online-Formaten wie Webinaren. Es braucht also vor einer Transformation die Not eines Systems und vor allem das Bewusstsein bei Menschen in sozial komplexen Systemen, also jenen wo Menschen Teil des Systems sind, das es besser in seinen Funktionalitäten zerstört wird, und dann daraus eine neue Ordnung hergestellt wird, als das bestehende System am Leben zu erhalten. Eine schmerzhafte Erkenntnis. Dies vor allem dann, wenn man selbst betroffen ist, oder gar Beteiligter des an die Funktionsgrenzen gekommenen Systems ist oder war. Und dann kommt da noch der Löwenanteil des Prozesses: Und wofür das alles? Ohne einer besseren neuen Zukunft im Sinne der Neuordnung ist fast immer das Bestehende noch die bessere Wahl, denn ersten kennt man es, zweitens hat es ja einmal großartig funktioniert, wenn es jetzt vielleicht auch suboptimal ist, und dann muss man eine Neuordnung finden, die noch besser funktioniert. Und das von jetzt auf gleich, denn niemand viel Phasen mit Dysfunktionalitäten, Zweifel, Zerstörung, Not, Elend, Leid. Und komfortabler ist Altes und Liebgewonnenes allemal als etwas Neues, vielleicht (noch) nicht Funktionierendes.

Unsichere Zukunft. Und da haben wir eines der Hauptprobleme, warum Transformationen oder Changes häufig sehr oder fast zu spät kommen, und dann zumeist nicht wie geplante Operationen in der Medizin besonnen, konstruktiv, vielleicht noch zum optimalen Zeitpunkt passieren, sondern als Notoperationen in der Notfallambulanz. Da zählt meist nicht mehr die optimale Positionierung der möglichst minimalen Narbe einer vielleicht minimalinvasiven Chirurgie. Es geht um das Überleben des Patienten. Schnell. Jetzt. Und da kommt auch immer gleich die Frage auf: Warum hat man das Problem nicht früher bzw. rechtzeitig erkannt??? Man kommt dann oftmals zum Entschluss: Eigentlich waren es gar nicht so viele unbekannte Variablen in der Gleichung, denn Symptome hätte es schon einige sichtbare gegeben, wenn man denn nur hingeschaut hätte. Man es sich dies Bewusst gemacht hätte, darauf sensibler geachtet hätte. Hätte. Alle Erfolgsgeschichten werden immer in der Retroperspektive geschrieben. Fahrfehler machen sich immer im Rückspiegel bemerkbar. Nachher ist man immer schlauer. Aber warum nicht vorher? warum lassen wir es in unserer Gesellschaft, in der Politik, in der Wirtschaft, in unserem Privatleben, im Job und wo auch immer so lange darauf angekommen, bis es eigentlich nicht mehr geht, und versuchen nicht vorher schon zu transformieren, damit es nicht zur Notoperation kommt? Warum gelingt es denn nicht, überhaupt solche Notwendigkeiten aufkommen zu lassen, und nicht schon vorher konstruktiv, innovativ und strategisch versuchen diese zu vermeiden? Warum wiegen wir uns immer so lange in Sicherheit, dass “eh alles funktioniert” und falls nicht, mit ein paar “Workarounds” so hingebogen werden kann, dass es zumindest halbwegs weiterfunktioniert? Und es keiner merkt. Weil die Zukunft immer mit Unsicherheit behaftet ist, und zumeist die Perspektive fehlt. Das sogenannte “Big Picture”. Die größere Vision einer besseren Zukunft. Der Mut sich solchen Fragen zu stellen und loszulassen.

Auf den Hund gekommen. Fehlende Perspektiven. Eine der schwierigsten Herausforderungen damit Transformationen gelingen können ist oftmals nicht das fehlende Bewusstsein, dass ein System nicht mehr optimal performt oder es Zeit für Erneuerung ist. Es ist die Fehlende Perspektive und Richtung, wohin die neue bessere, oder zumindest andere Zukunft gerichtet und gestaltet werden kann. Wie ist denn “das Bessere” zu beschreiben? Wenn das nicht gelingt, kann man niemanden ein Bild malen oder beschreiben, von der schönen neuen Zukunft, wofür man Bestehendes, fast immer noch funktionierendes einfach mal so nebenbei zerstört – denn die nicht betroffenen anderen Systeme sollten ja perfekt weiterlaufen wie immer – und dann neu zusammenbaut. Und da bleibt immer was zurück in der alten Welt, und Neues, oft noch Unbekanntes kommt dazu. Und funktioniert dann, hoffentlich. Wer würde denn mitmachen bei ihrer Idee, wenn Sie kein klares Bild haben, weshalb es sich lohnt, sich auf die Reise in eine unsichere Zukunft zu begeben? Das wiederum ist nichts Neues, denn das findet man z.B. schon in der Bibel, wo es Jünger gebraucht hat, die die Vision teilten und sich als Missionare hinausbegeben haben, um die Botschaft zu verkünden. Und wer macht denn mit, das bestehende System zu zerstören, wo er eine Rolle spielt, einen Beitrag leistet, welches Jemand vielleicht selbst aufgebaut hat, und oftmals mit Kraft und Mut lange aufrechterhalten hat? Und zwar dann, wenn man selbst vermutet, gar nicht mehr Teil des neuen großen Ganzen zu sein, oder vielleicht nicht mehr in einer zentralen Rolle. Denn es wird ja immer Etwas zerstört und neu aufgebaut, aber eben nicht im Sinne “copy/paste” von 1:1 wieder gleich aufgebaut. Denn dann wäre es ein klassischer Veränderungsprozess oder eine Reparatur, wie es handwerklich geschickte Menschen kennen: Auseinanderschrauben, warten, wieder zusammensetzen. Das kennen wir. Da wissen wir wie es vorher ausgesehen hat und – wenn man während der Reparaturphase alles richtig macht – es nachher aussehen wird. Und gleich wieder funktioniert, wie vorher. Nur etwas geschmierter und leichtgängiger. Nach der Wartungspause. Die wir nicht haben. Weil uns momentan Teile verloren gehen. Und weil wir nicht sicher sind, ob wir denn all das genauso wieder nach dem shut-down machen sollen, weil ganz ehrlich: Hat es denn in letzter Zeit immer so großartig funktioniert? Hatten wir an vielen Stellen schon einige wackelige Teile, die wir irgendwie provisorisch zusammengehalten haben? Fragt sich nur: Wer haut drauf, damit es kaputt geht, wer setzt es wie neu zusammen mit welchem Ziel und mit wem/was, aber vor allem: Haben wir im Vorhinein ein klares Bild, wie es zukünftig fertig zusammengebaut aussehen soll? Denn wenn nicht, kennen wir das Problem auch. Wir zerlegen etwas, wissen nicht wie wir Etwas neu zusammenbauen sollen, verlieren Etwas, haben neue Teile gar nicht, die wir jetzt schon brauchen könnten, verzetteln uns, verlieren das Interesse, die Kraft, die Geschwindigkeit, gehen weg und lassen alles zurück. Einen Scherbenhaufen. Egal, wird schon Jemand/Etwas Neues kommen, oder?

Was haben Sie für eine Perspektive zur Transformation? Wir freuen uns auf ihre konstruktiven, wertfreien Kommentare! Leisten Sie doch auch einen Beitrag zur unserem Weltwirkungsmodell! Stellen Sie ihre Perspektive dazu, damit wir uns ein gemeinsames Bild der aktuellen und der Neuordnung schaffen können. Jede Meinung zählt, jeder Beitrag ist ein Mosaik zum großen Bild.

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